
Unsere Fahrtenwartin Esther Klemmt bietet im Sommer den zweiten Frauentörn auf dem Ijsselmeer an. Sie traf sich jetzt mit Beate Hartmann und Sabine Neumann, um über die Erfahrungen während des ersten gemeinsamen Törns zu sprechen. Von Daniela Tobias
Neugierige Blicke im Hafen, wenn eine sechsköpfige Crew – ausschließlich aus Frauen bestehend – anlegt, ist Esther Klemmt gewöhnt. Die 43-jährige ficht das nicht an. Ihre Mädels wissen, was zu tun ist, wer welchen Handgriff zu übernehmen hat. Nach einer gemeinsamen Woche auf dem Ijsselmeer funktioniert das sogar ohne Kommandos.
Als die Gruppe am 15. Juli 2017 ihr Plattbodenschiff übernimmt, sind aber zunächst ein paar Trockenübungen angesagt. „Ich habe einen fahrbaren Grill gefunden, mit dem ich vor den anderen hergelaufen bin und sie mussten dann die Leinen drüberwerfen, um das Anlegen zu üben“, erzählt Esther lachend. „Wir haben uns die Zeit genommen, die wir brauchten“, bestätigt Beate Hartmann das vertrauensvolle Klima. Lieber einmal öfter etwas ausprobieren, bis sich alle sicher sind. „Esther als erfahrene Skipperin konnte unsere Fähigkeiten gut einschätzen, um Aufgaben zu verteilen, so dass sich niemand in die Quere kam. Während der Fahrt galt aber immer, was sie gesagt hat. Diskutiert wurde höchstens nachher.“
Der Törn führte die Teilnehmerinnnen im letzten Jahr rund ums Ijsselmeer. Übernachtet wurde teils in Häfen, teils an Liegeplätzen in der Natur. Die genauen Routen wurden am Abend vorher nach Wind und Wetter entschieden. Ob Abends zusammen gekocht wird oder ob man doch lieber im Ort eine Fritjes special essen geht, entschieden die Frauen spontan. „Einmal hat es geregnet, da gab es einen DVD-Abend, aber ansonsten sitzen wir einfach draußen und klönen“, beschreibt Esther die entspannte Stimmung.
An Bord selbst gibt es nicht allzuviele Rückzugsmöglichkeiten. Da ist ein großer Schlafraum, ein Salon mit Pantry-Küche und ein kleiner Waschraum. „Beim Vortreffen muss man sich erstmal beschnuppern, ob das passt und ob man dieselben Ziele hat“, erklärt Esther. Beate und Sabine ging es vor allem darum, Erfahrungen zu sammeln. Beide haben 2014 den Binnenschein gemacht. „Ich möchte auch einfach die Landschaft genießen und suche nicht das große Abenteuer“, beschreibt Beate ihre Motivation. „Es war nie brenzlig, aber wir hatten durchaus Situationen, die ich nicht nochmal bräuchte“, erinnert sich Sabine. Trotzdem hat sie das Vertrauen gewonnen, im Zweifelsfall auch mit stürmischerem Wetter zurechtzukommen.
Segelnde Frauen haben seit jeher im Solinger Segelclub Tradition. Auch reine Frauentörns hat es schon vor einigen Jahren gegeben – eine Tradition, die Skipperin Esther gerne wieder aufgenommen hat. Für sie selber darf es allerdings auch schonmal etwas anspruchsvoller zugehen. Schon mehrfach hat sie Schlechtwetter-Törns im Atlantik geleitet. „Da war ich aber oft die einzige Frau in der Crew.“ Tag und Nacht bei Wind und Regen auf See zu sein fordert die Mannschaft. Sie fühlte sich stets ernstgenommen von den männlichen Mitseglern. „Da hat es nie Probleme gegeben. Das tolle an unserem Verein ist, dass ich immer an Leute geraten bin, die mich gefördert haben. Davon profitiere ich.“
Als Fahrtenwartin des Vereins ist Esther Klemmt für das Programm und die Organisation verantwortlich, sie chartert und teilt Boote ein, organisiert Vor- und Nachbesprechungen. Für den 6. bis 13. Juli 2018 ist der nächste Frauentörn geplant. Zwölf Teilnehmerinnen sind angemeldet, ein Plattbodenschiff von 15 Metern Länge und 30 Tonnen Gewicht ist gebucht. Dieses Mal geht es zum Inselhopping in die Wattensee: Texel, Ameland, Terschelling und vielleicht Schiermonnikoog. Auch Beate und Sabine sind wieder mit an Bord und haben fleissig Werbung gemacht.
„Ich habe mich damals gefragt, warum Frauentörns eigentlich als so etwas besonderes angesehen werden“, erinnert sich Beate. Sie komme auch mit gemischten Crews gut klar, aber man neige dann als Frau doch eher dazu, die schweren Arbeiten den Männern zu überlassen. Völlig unnötig findet Sabine: „Wenn man etwas allein nicht bewegt kriegt, dann packt man es eben zu zweit.“ Kleine Machtkämpfe auf dem Wasser haben die Frauen im letzten Sommer dennoch erlebt. „Einmal kam uns eine Yacht entgegen. Der Skipper hat stur auf uns zugehalten, obwohl wir Vorfahrt hatten. Er dachte wohl, wir würden als Frauen nachgeben. Haben wir aber nicht. Im letzten Moment ist er dann ein Ausweichmanöver gefahren.“