Törnbericht Liparische Inseln Oktober 2018

Von glutspeienden Vulkanen, fangfrischem Fisch und Klabautermanns bösen Streichen

Ein Crewbericht von Antje Eickhoff („Jolie“), zusammen mit Dagmar Triebel („Josephine“) und Gerald Weber („Notus“)

Die Crews

  • Notus“: Skipper Jürgen, Anne, Anke und Ronny, Gerald und Sonja
  • Jolie“: Skipperin Esther, Ralph, Beate und Michael, Walburga und Antje
  • Josephine“: Skipper Holger, Dagmar, Ulrich, Theresa und Fabian, Peter und Jutta,  Andreas, Edgar

Lieblingsrevier, ob zum Wandern oder per Segelboot: die Liparischen Inseln vor Sizilien sind eine Reise wert. So war ich glücklich, dass Fahrtenwartin Esther letztes Jahr meinen Vorschlag für den diesjährigen Herbsttörn aufnahm (ich hatte die sieben Inseln im Mai/Juni 2017 schon getestet). Und: im SCS war der Zuspruch groß, so dass Esther gleich drei Dufour-Yachten (Länge von 38 bis 50 Fuß) für uns 21 Segelbegeisterten im nagelneuen Luxushafen von Capo d´Orlando auf Sizilien gechartert hat.Türkisfarbenes Wasser, staunende Blicke auf die hübschen Orte und Buchten Siziliens und schon die Liparischen in Sichtweite strömten wir am Samstag aus verschiedenen Richtungen in den Hafen und gerieten mitten in ein Regatta Event. Es war also jede Menge los und unsere hungrige Meute musste im Hafenrestaurant stundenlang auf´s Essen warten. Dabei wurden wir allerdings prima abgelenkt durch das Konzert einer großartigen Coverband, die besonders uns Damen schnell auf die Tanzfläche zog.

Startschwierigkeit auch für die Crew von Jürgen: das gecharterte Boot war defekt und Ersatz „Notus“ holten Jürgen, Ronny, Gerald und Anke erst aus einem 2 Stunden entfernten Hafen herbei. Zitat vom Vercharterer Fabio: „Das ist direkt um edie Ecke“ zeigt, dass die Südländer offenbar eine andere Zeit- und Entfernungsrechnung haben als wir.

Die 27 Seemeilen am Sonntag waren nach Einweisung durch die Skipperin und einigen Manövern zum Kennenlernen der Yacht schnell versegelt.

Vorbei an der Insel Vulcano durch die Meerenge mit einzigartigen vulkanischen Felsnadeln und Gesteinsformationen im Süden von Lipari erreichten wir Porto Pignataro auf Lipari, wo ich über Funk 3 Plätze für uns nebeneinander reservieren konnte.

Wir von der Jolie genossen den Abend an Bord bei Antipasti und Nudelgerichten, ,während die Mitsegler von Holgers und Jürgens Boot zum ersten liparischen Restauranttest auszogen.

Inselerkundung mit meiner Stadtführung versüßte uns den Vormittag, bevor wir uns zum Segeln mit Badestopp zur Nachbarinsel Salina aufmachten. „Notus“ entschied sich für die Route links um die Insel, wir Anderen rechts herum und so blieb die Begegnung mit dem „Direktverkauf Frische Fische“ nur uns beiden Crews „Josephine“ und „Jolie“vorbehalten.

Was dümpelt das Boot vor Holger da so komisch herum? „Wir kaufen Fisch und Garnelen …“ rief die Josephine-Crew beim Näherkommen aufgeregt zu. Frischer geht’s nicht! So bestellten auch wir 2,5 Kilo Dorade. Und während wir noch diskutierten, wer von uns den Fang ausnehmen muss, war der Fisch vom Fachmann filetiert und mit Preiszettel eingetütet. Das nenne ich kundenorientierten Service. Das „Fremdgrillen“ auf dem funktionierendem Außengrill an der 51-Fuß Yacht Josehine tat sein Übriges für unser köstliches Abendessen. Das hatten wir uns nach dem stundenlangen Warten auf Hafeneinfahrt Salina bei auffrischenden Winden herbeigesehnt. Offenbar mussten die Muring-Leinen dort für die „kurze Notus“ erst verlängert werden und das Hafenteam vergaß dann, uns Einfahrt zu gewähren.

Pech und Pannen am Tag drei – an dem alles so ganz anders lief als geplant. Windböen aus der falschen Richtung beim Ablegen, schwieriges Rückwärts-Manöver durch den Faltpropeller, missverständliche Kommunikation mit dem Hafenhelferboot und schon hingen wir in einer Muring-Leine fest. Landleinen und Leinen zu anderen Booten waren schnell geworfen, damit unsere Taucherin Beate sich den Schaden ansehen konnte. Viermal um den Propeller gewickelt – da kann nur einer helfen: der bärenstarke Taucher Gerry vom Bord der Notus – Dank seiner Kraft und Beates Mut konnten wir befreit werden! DANKE!! Bewundernswert auch immer wieder die Gelassenheit von Skipperin Esther bei allen Manövern. Ca. 1 ½ Stunden später als geplant düsten wir bei anfänglich über sieben Knoten Richtung Stromboli. Das Anlegen an der Boje gelang durch Esthers Kommando zwar stabil, kostete uns aber den ohnehin defekten Bootshaken. Zur geführten Aufstiegstour zu spät, zerplatzte dann auch der Plan, in der Dämmerung zum Aussichtspunkt „Observatorio“ zu wandern, von dem aus man gute Sicht auf den, rote Lava speienden Vulkan hat und sogar bewirtet wird. Denn kaum das Anlegerbier und den Vorabendsnack verputzt, spielte Klabautermann uns schon den nächsten Streich: unser Dingi, gerade zu Wasser gelassen und von Esther motorisch getestet, wurde durch eine hohe Welle aufgespült und knallte auf einen vollkommen unnötigen Haken der Badeplattform. Riss im Dingi, aber Motor gerettet! Neuer Plan: früh schlafen gehen und um fünf los, um den Stromboli dann im Morgengrauen speien zu sehen.

Auch der Crew von Josehine hat Stromboli es nicht leicht gemacht: Voller Tatendrang zum Landgang zog eine Welle Edgar die Beine weg, klatschnass musste er zurück. Die Expedition von Andreas und Fabian war durch steile Wege, falsches Schuhwerk und schnelle Dunkelheit auch nicht gerade von Erfolg gekrönt.

Augen zu, das gelang in dieser stürmischen Nacht nur den härtesten Seebären. Wer liebt es nicht, dass seichte Schaukeln zum Einschlafen in der Koje? Aber was uns in der Nacht vor Stromboli erwartete, war zu heftig. Mal wieder hatte der Wind gedreht und aufgefrischt auf 6-7 Windstärken. Wellen klatschten gleich aus zwei Richtungen an die Bordwände und brachten sämtliche Schrankinhalte und unbefestigte Gegenstände zum Scheppern. Josephine legte mitten in der Nacht ab, um im ruhigeren Fahrwasser unter Motor langsam mit Blick auf dem Vulkan auf und ab zu tuckern. Dieses Manöver entwickelte sich durch einige spektakuläre Auswürfe vom Stromboli als ein High-Light ihres Törns.

Ruhige Bucht oder sicherer Hafen? Diese Frage stellte sich für uns schon am frühen Nachmittag, nachdem wir die Inselwelt um Panarea genießend mit Frühstück unterwegs und auffrischenden Winden zurück Richtung Lipari gesegelt waren. Die Crew von Josephine lockte uns mit der wunderbaren ruhigen Badebucht vor Vulcano. Holger, Andreas und Peter zeigten sich mal wieder experimentierfreudig und aalten sich dort im schwefel(duftenden) Schlammbad. Die Badehosen der drei wurden danach allerdings direkt vor Ort entsorgt und die Handtücher in der Bug-Kiste mitgeführt, Schwefel ist und bleibt halt Schwefel!

Wegen unserer mit 15 Metern doch recht kurzen Ankerkette und inzwischen starkem Wind siegte der sichere Hafen auf Lipari. Schließlich musste auch das Dingi noch zur Reparatur und ein neuer Bootshaken beschafft werden. Als dann kurz drauf „Notus“ neben uns festmachte, folgte der nächste böse Streich vom Klabautermann: Gerald wollte mal eben noch das Segel im Lazy-Jag verstauen als dessen Aufhängung riss, und er über die Reling ins Wasser knallte. Zum Glück genau zwischen unseren Booten, so dass er dieses Unglück mit einigen Prellungen und Schnitten gut überstanden hat.

Am fünften Tag stand für uns Badestopp in der Bucht vor Spaggia Valle Muria Lipari und dann Vulcano umrunden auf dem Programm. Unser Dingi war dank der Vermittlung der freundlichen Hafencrew in Porto Pignataro abgeholt und fand erst am nächsten Morgen fachmännisch geklebt wieder an Bord. So buchte ich gleich die nächste Nacht dort mit, während die Segelfreunde – wieder mit frischem Fischfang versorgt – die besseren Sanitäranlagen im Hafen von Salina ansteuerten. Schwefeldampfender Vulkan mit entsprechender Duftnote, seichte Buchten und felsige Abschnitte mit Grotten zum Schwimmen, spannende geologische Formationen und grüne Vegetation erfreuten unsere Blicke. Aufziehendes Gewitter und Probleme mit unserer Hafenreservierung im Porto Pignataro trübten allerdings am Abend unsere Laune. Pitschnass am Nachbarsteg untergekommen, erfüllten dann auch die Speisen und Getränke im Restaurant am Hafen nicht so ganz unsere Vorstellungen. Schade, hatten wir uns doch auf einen netten Abend mit Beate und Michael gefreut, die uns hier am nächsten Morgen verließen, um noch eine Woche Lipari zu erkunden.

Inselwelt der Äolen, benannt nach dem Gott Äolus, dem Herrn der Winde. Denn der macht dort, was er will. Bestes ruhiges Segelwetter für den Schlag zurück nach Sizilien mit Freude über diese aufregenden Tage in traumhafter Umgebung begleiten uns. Wir waren alle dankbar für die Schönheit der Natur, die Fähigkeiten und Gelassenheit unserer Skipper, sowie die gute Seemannschaft und Atmosphäre an Bord.

Ende gut, alles gut – geklebtes Dingi, verkratzte Scheiben und einige andere kleinere Mängel waren bei der Bootsabnahme durch den sympathischen Fabio kein Problem und auch die anderen wurden, freundlich gelassen, entlassen. Ein letzter Abend an Bord mit wie immer viel zu vielen Vorräten, die noch verzehrt werden wollten und lustigen Geschichten von unterwegs rundeten den für alle sehr gelungenen Törn ab, bevor wir uns am nächsten Morgen wieder in alle Winde verstreuten.

Es ist von Vorteil, wenn die Reise in so einem relativ großen Rahmen stattfindet. 21 Personen im Alter von 23 bis 68 Jahren, darunter Paare, allein reisende Frauen und Männer, Eltern mit Kindern und sonstige Verwandtschaftsverhältnisse können viele Interessen abdecken: Wandergruppen haben sich gebildet, Leihwagen wurden gemietet, um Sizilien oder die Äolen vor und nach dem Törn zu erkunden. Urlaubsglück je nach Geschmack!

Fazit:

Dieses Segelrevier ist sehr faszinierend – Überraschende Winde und Richtungen, ständige Sicht auf die nächste Insel und große Wassertiefen! Bei aller Schönheit der Natur sollten wir nicht vergessen, dass die Menschen mit der Gewissheit auf den Inseln leben, dass jeder Zeit die aktiven Vulkane alles zerstören können. Trotz modernster Technik wie Frühwarnsysteme und Seismographen, kann man bis heute keine verlässliche Aussage darüber treffen, wann und in welcher Stärke die Vulkane wieder ausbrechen werden. Fest steht nur, sie werden wieder ausbrechen. Diese Erkenntnis macht natürlich einen zusätzlichen Reiz dieser Region aus.

Davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen.

Wir alle kommen gerne wieder, schließlich wartet der Stromboli noch darauf von unseren sportlichen Wanderern erklettert zu werden.

Antje, Dagmar und Gerald