Liebe Segler,
die Crew der SEYMOUR (Dufour 40 Performence des Charterbetriebs CAP WEST in Diélette) meldet sich zurück in Solingen vom diesjährigen Kanalinseltörn vor der Bretonischen Küste und wir sind sicher, dass wir den Mitgliedern unseres Segelclubs dieses einzigartige Erlebnis zukünftig wieder anbieten werden. Anmeldungen dafür werden beim Vorstand ab sofort gerne entgegen genommen.
Im Vorgriff auf unseren ausführlichen Bericht über den Törn in unseren neuen Vereinsräumen in der Marsstraße, hier einige Impressionen und Informationen unserer Fahrt im Gezeitenwasser des Englischen Kanals:
Bei der Ankunft im Ausgangshafen Diélette an der Westküste der Halbinsel Cotentin (Normandy) herrschten dort am vergangenen Freitag gut 7 Bft. aus NW mit Böen bis 9 Bft. Marc Lepesquieux von Cap West ist aber sicher, dass wir eine wunderbare Segelwoche ab Samstagmorgen erwarten dürfen und bei einem moderaten „Vierer“ aus NO können wir um 12,10 Uhr bei ablaufendem Wasser ca. 3 Std. nach Hochwasser St. Helier den Hafen verlassen um Kurs 225° nach Guernsey aufzunehmen, Halbwindkurs mit gewaltigem Stromversatz und 8 Knoten Fahrt ü. Grund. Das Wasser türkisgrün und vollkommen klar, wie man es sonst vom Mittelmeer kennt.
Auf unsere Frage nach der fehlenden Sprayhood über dem Niedergang kommt – nicht ganz unerwartet – die Gegenfrage unseres außerordentlich freundlichen und bemühten Vercharterers, Marc Lepesquieux (Stiefsohn der legendären Madame Lepesquieux aus Düsseldorf): Messieurs, braucht man das zum Segeln? Nein! Wir brauchen die tatsächlich nicht!
Nach 36 Seemeilen, vorbei an der Nordspitze der Insel Sark, durch das „Big Russel“ um die Inseln Herm und Jetou herum, sind wir zunächst im Vorhafen von St Peter Port (Guernsey) am Wartesteiger und um 18,35 Uhr fest am Steg der beschaulichen „Q-E. II-Marina“, nördlich der lauten und meist von Gastseglern überfüllten Victoria Marina. Von hier aus starten wir am frühen Abend den Rundgang durch die Altstadt von St. Peter Port mit Einkehr im Pub an der Hafenmeile und abschließendem Abendessen an Bord.
Am Sonntagmorgen geht es mit dem Linienbus zur Westküste der Insel. Ein Klippenweg über den ins Meer abstürzenden Felsen von St. Martin’s Point lässt uns den Atem anhalten und die bunte Blütenpracht am Weg sowie an den Hängen der Felsen verzaubert uns. Eine Pause auf einer Terrasse über der Mouilliérer Klippe mit frischem Salat und dem Blick auf den Sandstrand der trocken gefallenen Saints Bay bei strahlendem Sonnenschein gibt uns Gewissheit, bisher alles richtig gemacht zu haben. Am Ende des Wegs bei der Icart Bay verpassen wir knapp den Bus für die Rückfahrt nach St. Peter und treten den Fußmarsch durch die mit hohen Hecken begrenzten Sträßchen der Insel an, vorbei an wuchernden Bärlauchteppichen und den liebevoll gepflegten Gärten und Häuschen nach unten zum Hafen. Guernsey macht süchtig!
Am Montagmorgen ist die Gezeit gnädig und wir haben Zeit zum Frühstücken. Um 10,20 Uhr laufen wir bei blauem Himmel und Sonnenschein nach Jersey aus, Wind: 5 – 6 aus W, später nach SW drehend und deutlich abnehmend, Kurs: 135°, Fahrt: 6 Knoten, söäter dümpeln wir mit 2,5 Knoten auf die Nordspitze von Jersey zu. Aber der nach Süden laufende Strom korrigiert die Fahrt gewaltig und wir nähern uns schneller als erwartet dem weißen Leuchtfeuer auf La Corbiére, dem vorgelagerten Felsen vor der SW-Ecke der Insel mit seinen davor aus dem Wasser ragenden Rockys.
Die Seymour macht um 17,10 Uhr im Vorhafen von St. Helier am Wartesteg fest und bleibt dort. Wir schenken uns die Einfahrt in den Yachthafen, denn wir wollen am Mittwochfrüh den Hafen bei Niedrigwasser verlassen. Die Ausfahrt aus der Marina ist natürlich zur dieser Gezeit nicht möglich weil der Drempel bis ca. 3 Std vor HW das Wasser im Hafenbecken hält.
Am Dienstagmorgen schlendert die Crew durch die belebten Straßen von St. Helier und durch die Markthallen zu der Fischhalle. Dort werden mittags erst mal zwei Dutzend köstliche Austern geschlürft, „Hmmmm!“ und der Fisch für den Abend eingekauft.
Die Wanderung zum Aussichtspunkt über St. Aubin Bay und zum Fort Regent, einem modernen Sport- und Freizeitzentrum innerhalb der alten Festungsmauern des ehemaligen Forts, endet zunächst in einem Pub unten vor der Marina und später mit einer sehr ordentlichen Fischpfanne und Fenchel in Tomaten mit Mozzarella an Bord. Wir rätseln, ob dieser Törn mehr eine Wanderwoche oder eine Feinschmeckertour wird.
Die Gezeit hat uns fest im Griff. Aufbuch nach Sark ist um 05,00 Uhr früh ohne Frühstück am Mittwoch. Olaf und ich machen die Leinen los während die Crew sich in der Koje schaukeln lässt. Sonnenaufgang vor Jersey und 15 Min. später eine schwarze Wolke mit Regenbogen und der ungeplanten Dusche auf Deck. Wind: SW 2 – 3, Kurs zunächst: 185°. Vorbei am Leuchtfeuer Corbiére und dann die Segel gesetzt. Kurs auf Sark 025° raumschots. Nacheinander erscheinen an Deck die Mitglieder der Crew mit saurer Miene, denn das Geschaukel erzeugt ein flaues Gefühl in der Magengegend beim Ankleiden unter Deck.
In der im SO gelegenen Dixcart Bay der Insel fällt der Anker um 11,15 Uhr mit dem Blick auf La Cupé, dem schmalen Grat nach „Little Sark“. Der Schwell ist mächtig und Moorings gibt’s hier nicht. Ein Landgang würde eine Ankerwache erfordern. Also wird der Anker wieder aufgeholt und die Fahrt in nördlicher Richtung fortgesetzt zur Grève de la Ville. Dort können wir in der sehr ruhigen Bucht an der Mooring fest machen und mit dem „Anex“ (dem Schlauchboot) zum Strand fahren. Das Dingi muss ca. 6,00 m über dem ablaufenden Wasser am Felsen platziert werden und der Aufstieg erlaubt einen Atem beraubenden Blick in die Bucht.
Mit Fahrrädern wird die Insel erkundet und eine Bäuerin führt uns auf Little Sark die schmale Treppe zu einer Felsenbucht hinunter, in die das Meer durch einen Spalt zwischen den Felsen in riesigen Fonainen eindringt, wenn die Flut steigt. In „St. Anna“ haben die „BELL RINGERS“ eine Woche zuvor das Britische Prinzenpaar mit ihrer Kunst des Glockengeläuts fasziniert. Heute gibt es eine ungeplante und kostenlose Vorführung dieser Fertigkeit für die Crew der Seymour. Das hat was von Fitnesstraining in Verbindung mit einem synphonischen Konzert.
„Mermaid Tavern“ heißt der Pub vor dem Leuchtfeuer „Pt. Peter“ südlich der Grève de la Ville, in dem es für (gegen) den ersten Hunger eine Aufbackpizza gibt. Der alte Fischer, der vor sieben Jahren dort mit der SCS-Crew „Armdrücken“ wollte und mit einem Zaubertrick beeindruckt wurde, der wird seinen Pubbesuch von damals sicherlich bis heute micht vergessen haben…. ;-) Die Bordküche zaubert an der Mooring in der Bucht ein letztes Mal ein opulentes Menu und diesmal bleibt der Rest für das Frühstück übrig.
Wieder ohne Dusche und Frühstück machen wir um 06,40 Uhr am Donnerstag von der Mooring die Leine los und segeln bei 3 Bft. aus NW am Wind und später hoch am Wind Richtung Alderney. Wir haben ermittelt, dass wir die Banc de la Schole etwa zur Hochwasserzeit St. Helier passieren müssen um mit dem soeben gekenterten Strom das Alderneyrace durchfahren zu können. Entscheidend ist allerdings, dass hier nicht der Strom gegen Wind steht, denn dann bauen sich gewaltige Brecher dort auf, wo ohnehin Kabbelwasser aufgrund der Unterströmungen und Grundseen zu erwarten sind.
Der Wind dreht im Verlauf der Fahrt weiter nach Nord und nimmt zu. Wegen der erheblichen Strömung des Ablaufenden Wassers nach Süden müssen wir auf die Kreuz um Höhe zu gewinnen. Der Wendewinkel beträgt mehr als 125° aber nach der nächsten Wende um 10,15 Uhr segeln wir wieder 40° dicht unter der Küste von Alderney mit 13 Knoten Fahrt im Flutstrom vorbei an den Felsen der „Boires Putes“ und „Coque Lihou“. Die Kabbelwasser lassen wir an Steuerbord und nehmen in Höhe des Leuchtfeuers an der Nordspitze die Segel herunter. Hier treibt der Wind aus Nord die Welle ohne die Abdeckung der Felsenküste, aber das gefürchtete „Kochwasser“ haben wir hinter uns.
In Braye liegt man an Moorings vor dem Wellenbrecher und bestellt beim Hafenmeister oder telefonisch das „Wassertaxi“ für den Landgang. Ein rauher Geselle mit schiefen Zähnen und gegerbter Haut bringt uns rüber. Er versichert uns, dass man zu jeder Gezeit Alderney verlassen und das Race Blanchard (Alderney Race) durchqueren kann. Es käme nur auf den richtigen Wind an. Der Hafenmeister dagegen rät uns die Abreise ca. 3 Std. nach HW St. Helier um 02,30 Uhr in der Nacht. Also morgen wieder ohne Dusche und ohne Frühstück los! Das gibt eine kurze Nacht.
Die Felsen der Südküste, nahe des Flugplatzes, erkunden wir zu Fuß und später bei strömendem Regen. Von hier oben sind die Strudel und Strömungen im Wasser vor der Küste schön zu erkennen, an denen wir vorhin vorbeigefahren sind. Unsere nassen Klamotten trocknen wir im Marais Hall, dem besten Pub von Braye, und dort wird uns auch vorzüglich Fish & Schips serviert. Na endlich!
Unsere Ablegezeit prüfen wir selbst anhand der Stromkarten im Almanach und legen dafür 04,00 Uhr fest. Das erweist sich als richtig, als wir am nächsten Morgen in der sprichwörtlichen Herrgottsfrühe mit halbem Wind und 6 Knoten Fahrt dicht am Kabbelwasser vorbei Richtung Diélette segeln. Die Karteneinträge für die „heavy overfalls“ weisen tatsächlich auf die Bogenminute genau die Position aus, wo das Wasser regelrecht kocht. Das können wir aus gehöriger Entfernung bestätigen und segeln in ruhigem Wasser.
Den Heimathafen erreichen wir genau zu NW und tasten uns um 07,30 Uhr vorsichtig unter Motor an die Hafeneinfahrt, die angeblioch auf Kartennull ausgebaggeert sein soll. Nach den Angaben zur Gezeitenhöhe im Almanach können wir gerade noch über das Priel fahren. Das erweist sich aber als falsch und wir haben Grundberührung genau in der Einfahrt, wo der Strom heftig nach Süden setzt. Wir kommen aber wieder frei und vor Anker wird erst mal gemütlich gefrühstückt.
Um 10,30 Uhr können wir einfahren, tanken und die Yacht in die Box legen. Römisch-Katholisch wird angelegt und Patrick, der Bootstechniker von CAP WEST, der ausschließlich die französische Sprache beherrscht, mischt sich trotz aller Abwehrversuche unserer Crew vom Steg aus in das Anlegemanöver ein. Ohne Erfolg! Wir können das nämlich selbst und Renate stellt das eindruckvoll unter Beweis. Jetzt erst mal unter die Dusche, packen, essen und dann nach Hause. Oder sollten wir besser direkt wieder ablegen?
Mit seglerischen Grüßen ~~~ _/) ~~~
Andreas Wiedmann